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Analyse der Antworten des Bundesrates



Der Bundesrat hat am Montag zu den Fragen von sieben ParlamentarierInnen Stellung genommen. Hier unsere Analyse von sechs (nicht ganz neuen) Aussagen des Bundes:



Zeitkomponente: Alle Tarifpartner sind sich einig

Die Zeitkomponente zieht sich durch alle Antworten durch. Der Bund betont mehrfach, dass bei der Erarbeitung der beiden Varianten Inputs von allen Tarifpartnern berücksichtigt wurden:


Der Bundesrat beschränkt die Anpassungen von Tarifstrukturen im Rahmen seiner subsidiären Kompetenz stets auf den dringendsten Anpassungsbedarf. Im Falle der Tarifstruktur für physiotherapeutische Leistungen ist dies die in den Sitzungspauschalen fehlende Zeitkomponente. Darüber sind sich auch die Tarifpartner der Physiotherapie einig, namentlich auch Physioswiss. parlament.ch

👉 Wenn sich alle Tarifpartner über die Zeitkomponente einig sind, ist verständlich, dass der Bundesrat sie in den Vordergrund stellt. Wir haben keine Angaben darüber, welcher Tarifpartner welche Massnahmen befürwortet.


 

Verkürzung der Sitzungsdauer ist problematisch für Qualität


Der Bundesrat argumentiert mehrfach, dass die Behandlungspauschale ohne Zeitkomponente einen Anreiz zur Verkürzung der Sitzungsdauer bringt, was Auswirkungen auf die Qualität habe:


Ein Teil des Anstiegs der Physiotherapie-Konsultationen kann aber auch durch eine Verkürzung der Sitzungsdauer begründet sein, was für die Qualität der Leistungen problematisch wäre. parlament.ch

👉 Wenn der Bund die Physiotherapie-Branche beschuldigt, sie verkürze die Sitzungsdauer absichtlich auf Kosten der Qualität, würde man erwarten, dass er diesen Vorwurf mit Daten untermauert. Bis jetzt wären uns aber keine Daten bekannt, die darauf hinweisen, dass Patienten zu kurz behandelt werden.


Zweifellos ist es aber so, dass diverse Praxen nicht bei jedem 7311-Patienten 45 Minuten einplanen, sondern z.B. an einem 30-Minuten-Takt festhalten und sich nur bei Bedarf mehr Zeit nehmen.


Uns ist keine wissenschaftliche Studie bekannt, die ergeben hätte, dass extralange Behandlungen mehr Qualität mit sich bringen. Die Erfahrung aus der Praxis zeigt im Gegenteil: Man muss das Richtige tun, dann braucht es nicht viel Zeit.


Wir befürchten, dass der Bund von einem veralteten Bild der Physiotherapie ausgeht. Damals, als ausgedehnte Massagen Teil der Physio-Behandlungen waren, spielte die Sitzungsdauer eine Rolle: Je länger die Massage, desto besser.


Heute, bei der modernen aktiven Physiotherapie, muss es im Ermessen des Therapeuten liegen, wie lange eine Sitzung dauert.


Hinweise für Studien, die einen Zusammenhang zwischen Zeitdauer und Behandlungsqualität belegen, gerne an kampagne@physiozentrum.ch


 

Zeitkomponente sorgt für Transparenz

Die Zeitkomponente rechtfertigt der Bund nach wie vor mit der Transparenz.


Ziel dieses Vorschlags ist in erster Linie die Verbesserung der Transparenz gegenüber den Versicherten und allen Akteuren sowie die Sicherstellung der Gleichbehandlung der Versicherten und der Qualität der Behandlung. parlament.ch

👉 Transparenz wird nicht erreicht, indem Physios nach Regeln (wie eine erzwungene Sitzungsdauer) handeln, sondern indem sie ihr Handeln offenlegen. Zum Beispiel durch eine Zeitdeklaration auf der Abrechnung. Dazu haben wir bereits einen Kommentar verfasst.


 

Kosten sind Sache der Tarifpartner


Der Bund weisst bei Fragen zum Lohn und Teuerungsausgleich darauf hin, dass die Kosten Sache der Tarifpartner sei.


Am Kostenmodell und damit an der aktuellen Abgeltung für physiotherapeutische Leistungen ändert der Bundesrat nichts. parlament.ch

👉 Stimmt, aber unter den aktuellen Taxwerten haben die Vorschläge des BAG massive Folgen: Sie bewirken einen Umsatzrückgang.

Die regelmässige Pflege der Tarife in der Krankenversicherung obliegt den Tarifpartnern. Somit liegt es in deren Verantwortung, eine Gesamtrevision der Tarifstruktur und deren regelmässige Anpassung an aktuelle Gegebenheiten (z.B. Teuerung) vorzunehmen. parlament.ch

👉 Es ist deshalb höchste Zeit, dass sich die Tarifpartner über höhere Tarife oder Taxwerte einig werden. Ginge es nach dem BAG, wäre auch eine Gesamtrevision willkommen.

Der Bundesrat ruft die Tarifpartner auf, dem Bundesrat einen neu verhandelten Tarifvertrag zur Genehmigung einzureichen. parlament.ch

👉 Deshalb führt der Weg zu einer Lösung über den Verhandlungstisch.


 

Versorgung ist nicht gefährdet


Der Bund sieht keine Gefahr von Versorgungsengpässen durch einen Angebotsrückgang, da er nicht an den Kosten schraubt.


Am Kostenmodell und damit an der aktuellen Abgeltung für physiotherapeutische Leistungen ändert der Bundesrat nichts. Somit geht der Bundesrat davon aus, dass sich keine Änderungen für die Versorgung mit physiotherapeutischen Leistungen ergeben. parlament.ch

👉 Der Bund unterschätzt die Wirkung seines Eingriffes. Die Branche arbeitet seit Jahren mit beschränkten finanziellen Mitteln. Der Eingriff wird die Lage für die moderne Physiotherapie verschärfen und den Beruf unattraktiv machen. Die Folgen haben wir hier aufgelistet.


 

Daten für Verhandlungen fehlen


Der Bund bewertet Datenlagen als schwach und erklärt damit den Verhandlungstopp.


Die regelmässige Pflege der Tarife in der Krankenversicherung obliegt den Tarifpartnern. Eine ausreichende Datengrundlage (Leistungs- und Kostendaten) vorzulegen, ist in erster Linie eine Aufgabe der Leistungserbringer. Dass die Leistungsdaten erst kürzlich vorgestellt wurden, jedoch weiterhin keine Kostendaten vorliegen, dürfte mit ein Grund dafür sein, dass sich die Tarifpartner bis jetzt nicht auf eine Tarifrevision einigen konnten. parlament.ch

👉 Die Datenlage scheint in der Tat schwach zu sein. Daten sind ein wichtiges Instrument zur Argumentation in Verhandlungen. Die LeDa-Studie von Physioswiss wird vom Bund als guter Ansatz wahrgenommen, reiche aber nicht aus.


 


▶️ Was hältst du von den Antworten des Bundesrates? Schreibe einen Kommentar.

4 Kommentare

4 комментария


Marek Simon
Marek Simon
21 сент. 2023 г.

Ganz easy: keine Zeitangabe, 140.- pro Stunde/Arbeit. Büro 5min. für 4CHF.- ES BRAUCHT EINFACH MEHR VERTRAUEN UND WENIGEN SCHIKANIEREN. Sparen können die auf vielen anderen Stellen viel schneller. Hausarzte.......:-(((((

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Fabian Kress
Fabian Kress
20 сент. 2023 г.

Es geht nicht nur darum, was der BR rauslässt, es geht auch darum was gefordert wird. Und hier sind wir Physios sehr schwach. Wir sind uns selber nicht im Klaren, was gewünscht wird! Ich persönlich finde die Einheitstarife 7301 und 7311 super, auch ob die nun 30 oder 25min dauern ist mir grundsätzlich egal. Aber warum muss ich Doppeltermine administrativ kaschieren, weil die Kasse sonst nicht zahlt (bspw Lymphdrainage und Kniegymnastik bei St.n. Knie-TEP)? Warum bekomme ich von Ärzten Verordnungen wo 'Kniearthrose' draufsteht, und in der Anamnese kommen dann noch Krebs im Endstadium, Lungenfunktion <50% und Radikulopathien in beiden Armen mit invalidisierender Migräne dazu? (Fun fact: die Kasse weist dann natürlich einen 7311er zurück, ist ja 'nur' Arthrose 7301). Warum…

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Hilde Reygel
Hilde Reygel
23 сент. 2023 г.
Ответ пользователю

wie Wahr…..

ich suche jetzt job bei pharma

15 Monatslöhne, 6 wochen Ferien

Milliardengewinn, Bestechungen inclusive. Wir durfen nicht mal eine Tube Voltaren verkaufen

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Sophie Moor
Sophie Moor
20 сент. 2023 г.

Krankenkassen werden vermehrt nach detaillierten Abschlussberichten fragen, was die Administrationszeit erheblich verlängert.

Daher müssen Berichte zwingend bezahlt werden mit mindestens Fr. 100.-- pro ausführlichem Bericht.

Eine Krankenkasse verlangte diese Woche mit der Kostengutsprache einen detaillierten Bericht über ausgeführte Massnahmen, deren Resultat, Fotos, Messprotokolle und wie gut die Compliance der Patientin ist. Wie das mit dem Datenschutz dann genau aussieht?

Mit dem exakten Wortlaut wird unterschwellig dem Arzt unnötige Therapieverordnung unterstellt, der Patientin mangelnde Compliance und der Therapeutin zu lange, ineffiziente Therapie, dies beim Krankheitsbild Lymphödem postoperativ nach Krebsoperation.

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